BG Verkehr / Dienststelle Schiffssicherheit
Referat ISM/ILO - Bereich Seearbeitsrecht
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Heuer • Heuerverträge

Reeder muss Heuern regelmäßig an seine Seeleute zahlen

Das Seearbeitsübereinkommen schreibt nach der Norm A2.2 vor, dass Seeleute ihre Heuer und die Abrechnung hierüber mindestens monatlich vom Reeder erhalten müssen. Im deutschen Recht ist die regelmäßige Heuerzahlung in § 39 des Seearbeitsgesetzes geregelt.

Seeleute haben das Recht, die Heuer oder einen Teil davon an Familienangehörige oder anderen Personen überweisen zu lassen. Wird die Heuer in anderen Währungen ausgezahlt, muss sich der Reeder an den amtlichen Wechselkurs halten.

bild heuerzahlung

Wann gelten Tariflöhne?

Reeder von Schiffen unter deutscher Flagge sind nicht gezwungen, ihren Seeleuten Heuern nach Tarifverträgen zu zahlen. Tariflöhne müssen nur dann gezahlt werden, wenn:

  • der Reeder Mitglied in der Tarifgemeinschaft des Verbandes Deutscher Reeder und der Seemann Mitglied in der Gewerkschaft ver.di ist (sogenannte doppelte Tarifbindung) oder
  • einzelvertraglich im Heuervertrag die Anwendung eines Tarifvertrages vereinbart wurde.

Bis zu 16 Wochen Heuerfortzahlung im Krankheitsfall

Wird ein Seemann so krank oder verletzt, dass er nicht mehr arbeiten kann, muss ihm der Reeder 16 Wochen seine Heuer weiterzahlen. Auf gewerblichen Seeschiffen unter deutscher Flagge muss der Reeder die Heuer zunächst sechs Wochen in voller Höhe zahlen. Ab der 7. Woche muss die Heuer "nur" noch der Höhe des Krankengeldes entsprechen, wie es in der gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt wird (= 70% der Durchschnittsheuer, höchstens jedoch 90% des letzten Nettoarbeitsentgeltes). Seeleute, die in der deutschen Krankenversicherung gesetzlich versichert sind, erhalten dagegen das Krankengeld von ihrer Krankenkasse.

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Ausstehende Heuern

Sollte ein Reeder oder Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Heuerzahlung nicht oder nur ungenügend nachkommen, haben Besatzungsmitglieder auf Seeschiffen unter deutscher Flagge mehrere Handlungs-Möglichkeiten, unter anderem:

Weltweit verbindliche Mindeststandards für Heuerverträge

Mit dem Inkrafttreten des Seearbeitsübereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO) gelten weltweit verbindliche Mindeststandards für die Heuerverträge und die Heuerzahlung von Seeleuten. Der Begriff "Heuer" bezeichnet den Arbeitslohn eines Seemannes, der Begriff "Heuervertrag" bezeichnet den Beschäftigungsvertrag eines Seemannes mit seinem Arbeitgeber/Reeder.

Schriftlicher Heuervertrag für jeden Seemann

Jeder Seemann, der an Bord eines Seeschiffes tätig wird, muss einen schriftlichen Heuervertrag mit seinem Arbeitgeber oder Reeder haben. Die Norm A2.1 des Seearbeitsübereinkommens schreibt die Mindestinhalte dieses Heuervertrages fest:

  • vollständiger Name, Geburtsdatum und Geburtsort des Seemannes,
  • Name und Anschrift des Reeders,
  • Tätigkeit, für die der Seemann eingestellt wird,
  • die Höhe der Heuer des Seemannes, gegebenenfalls die für ihre Berechnung zugrunde gelegte Formel,
  • Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub,
  • Beendigung des Vertrages und deren Voraussetzungen (bei befristeten Verträgen: Tag des Ablaufs des Vertrages),
  • Leistungen des Gesundheitsschutzes und der Sozialen Sicherheit, die der Reeder dem Seemann zu gewähren hat,
  • Heimschaffungsanspruch des Seemannes,
  • gegebenenfalls Verweisung auf einen Gesamtarbeitsvertrag,
  • alle sonstigen Angaben nach innerstaatlichem Recht, im deutschen Recht: Zeitpunkt des Beginns des Heuerverhältnisses/Ort und Tag des Dienstantritts sowie vereinbarte Arbeits- und Ruhezeiten.

Der Seemann muss vor Vertragsschluss ausreichend Gelegenheit zur Prüfung der Vertragsbedingungen haben. Der Reeder muss dafür sorgen, dass Kopien der Heuerverträge an Bord seines Seeschiffes für Kontrollzwecke vorhanden sind.

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Muster-Heuervertrag für deutsche Flagge

Wir haben für Sie einen unverbindlichen

Muster-Heuervertrag Deutsche Flagge

für die Seeschifffahrt unter deutscher Flagge zusammengestellt. Dieses Muster enthält alle Mindestanforderungen des Seearbeitsgesetzes und des Seearbeitsübereinkommens. Sie können den Vertrag ergänzen oder individuell anpassen.

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Anwendung von Tarifverträgen muss im Heuervertrag vereinbart werden

Das deutsche Arbeitsrecht zwingt keinen Arbeitgeber/Reeder, Tarifverträge mit seinen Beschäftigten an Bord von deutschflaggigen Schiffen anzuwenden. Die Tarifverträge für die deutsche Seeschifffahrt (Manteltarifvertrag See und Heuertarifvertrag See) gelten vielmehr nur dann, wenn:

  • sowohl die Reederei Mitglied in der Tarifgemeinschaft des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) als auch der einzelne Seemann Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist (sogenannte doppelte Tarifbindung) oder
  • wenn im Heuervertrag die Anwendung der Tarifverträge ausdrücklich vereinbart wird.

Manteltarifvertrag See und Heuertarifvertrag See

Der Manteltarifvertrag See (MTV See) ist der für die deutsche Seeschifffahrt maßgebliche Rahmentarifvertrag. Er enthält längerfristige und allgemeinere Regelungen für die Arbeitsbedingungen der Seeleute und hat keine Begrenzung seiner Gültigkeit. Der MTV See beinhaltet keine konkreten Angaben zur tariflichen Höhe der Heuer - das ist im Heuertarifvertrag See (HTV See) enthalten. Der HTV See wird jeweils für eine kürzere Laufzeit vereinbart und regelmäßig angepasst.

Die aktuellen Tarifverträge stehen Ihnen zum Herunterladen zur Verfügung:

bild tarifverträge

Deutsches und ausländisches Seearbeitsrecht in Heuerverträgen

An Bord von deutschflaggigen Seeschiffen gilt grundsätzlich deutsches Seearbeitsrecht. Für ausländische Nicht-EU-Seeleute auf Schiffen, die in das Internationale Seeschifffahrtsregister (ISR) eingetragen sind, können dagegen zum Beispiel ausländische Heuern vereinbart werden.

Anwendung ausländischen Rechts auf Schiffen unter deutscher Flagge

Auf Grundlage des § 21 Absatz 4 des Flaggenrechtsgesetzes können für ausländische Nicht-EU-Seeleute deren Heimatheuern sowie die Geltung ausländischen Arbeits- und Tarifvertragsrechts vereinbart werden. Die Vereinbarung ausländischen Rechts hat aber zwingende Grenzen:

  • Der Mindeststandard des Seearbeitsübereinkommens darf in keinem Fall unterschritten werden,
  • Es darf nicht gegen deutsche Grundrechte verstoßen werden,
  • Ausländisches Recht darf nicht für solche Rechtsbereiche vereinbart werden, an denen ein besonderes öffentliches Interesse besteht (sogenannte Eingriffsnormen). Deutsches Recht gilt daher zwingend unter anderem für folgende Bereiche:
    • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
    • Unterbringung und Verpflegung
    • Medizinische und soziale Betreuung
    • Technischer Arbeitsschutz, Unfallverhütung
    • Höchstarbeits- und Mindestruhezeit
    • Heimschaffung
    • Frauen- und Jugendschutz
    • Kündigungsschutzrechte für Bordvertretung
    • Ordnung an Bord.

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Geltung ausländischer Tarifverträge: GIS Fleet Agreement

Für deutsche Reeder/Arbeitgeber kann es in der Praxis sinnvoll sein, für deutschflaggige Seeschiffe, die im Internationalen Seeschifffahrtsregister (ISR) eingetragen sind, Tarifverträge mit der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) über Mindestheuern abzuschließen. Die ITF und der Verband Deutscher Reeder haben hierfür Mustertarifverträge abgeschlossen (GIS Fleet Agreement = ISR-Flottenvertrag; Special Agreement to the GIS Fleet Agreement = Sondervertrag zum ISR-Flottenvertrag). Die damit verbundenen Nettoheuern sind im Einzelnen in der „GIS wage scale“ aufgeführt. Die Geltung dieser Muster-Tarifverträge auf den entsprechenden Schiffen muss zwischen der einzelnen Reederei und dem ITF-Büro Bremen vereinbart werden.

Die Geltung von ITF-Verträgen an Bord wird durch eine sogenannte ITF-Blaue Karte („blue certificate“) angezeigt. Darüber hinaus kann man auf der Website der ITF über eine Suchmaske mittels des Schiffsnamens herausfinden, ob der Reeder für die Schiffsbesatzung ein ITF-Vertrag abgeschlossen hat. Deutsche Schiffe ohne ITF-Verträge sind in der Vergangenheit immer wieder weltweit von der ITF und deren Partnergewerkschaften zum Beispiel durch Streiks der Hafenarbeiter boykottiert worden.