Hoffnung bei Krabbenfischern: Doch kein pauschales Verbot von Grundschleppnetzen?
Am 21. Februar hatte die EU-Kommission ihren Aktionsplan "Schutz und Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei" vorgelegt. Darin forderte die Kommission die EU-Mitgliedstaaten auf, die Fischerei mit Grundschleppnetzen
- in Natura-2000-Gebieten bis Ende März 2024 und
- in allen Meeresschutzgebieten der EU bis spätestens 2030
zu verbieten. Dazu sollten die EU-Mitgliedsstaaten ihre nationalen Maßnahmen laut Aktionsplan bereits bis Ende März 2024 verabschiedet haben und der EU-Kommission einen konkreten Fahrplan für die schrittweise Einstellung der Grundschleppnetz-Fischerei bis 2030 in allen EU-Meeresschutzgebieten vorlegen.
Nachdem sich viele deutsche Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker gegen ein pauschales Verbot der Grundschleppnetz-Fischerei in Meeresschutzgebieten aussprachen, hat die EU-Kommission jetzt Kompromissbereitschaft signalisiert. Eine Sprecherin der EU-Kommission hat vor kurzem deutlich gemacht, dass die Grundschleppnetz-Fischerei auf Krabben und Plattfische nicht automatisch zum 1. März 2024 verboten wird. Zudem hat der EU-Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei Virginijus Sinkevicius in einem Schreiben vom 3. April an drei Europa-Abgeordnete klargestellt: "Entgegen vielen Gerüchten plant die Europäische Kommission für März 2024 kein pauschales Verbot von Grundschleppnetzen in Meeresschutzgebieten". Ihm sei bewusst, dass die "Krabbenfischerei eine wichtige Rolle für die Kultur des Nordens und den regionalen Tourismus in unseren Küstenregionen spielt", so Sinkevicius. Der Dialog und der Austausch mit den Betroffenen sei ihm wichtig; jetzt gehe es darum, den Übergang zu weniger schädlichen Fanggeräten weiter zu gestalten. Grundschleppnetze mit Rollen, die an der Küste eingesetzt würden, belasteten den Meeresboden schon weniger als in der Fischerei auf Plattfische eingesetzten Schleppnetze. In diese Richtung gälte es weiter zu denken, so Sinkevicius. Mit seinem Schreiben antwortet der EU-Kommissar auf einen "Brandbrief" der drei Europaabgeordneten David McAllister, Jens Gieseke und Niclas Herbst von Ende März. Die CDU-Politiker hatten in ihrem "Brandbrief" gefordert, den Vorschlag eines Verbots der grundberührenden Fischerei im Aktionsplan der EU-Kommission ersatzlos zu streichen.
Ist damit das Verbot der Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten vom Tisch?
Die deutschen Krabbenfischer bleiben skeptisch. Dirk Sander, Vorsitzender des Landesfischereiverbandes Weser-Ems, befürchtet laut Zeitungsmeldung: "Dann kommt das scheibchenweise in der Zeit danach". Selbst wenn der Aktionsplan der EU-Kommission so nicht umgesetzt werde, sei für die Fischer bereits ein Schaden entstanden. Wenn nämlich Fischer mit Banken redeten, würden die denken: Es kann auch ganz schnell vorbei sein mit der Krabbenfischerei, so Sander.
Unterdessen hat das bundeseigene Thünen-Institut am 27. April den Abschlussbericht zu seinem Forschungsprojekt CRANIMPACT vorgelegt. Die Fischereiexperten hatten vier Jahre lang die Auswirkungen der Krabbenfischerei auf den Meeresboden in der deutschen Nordsee untersucht. Das Fazit der Forscher: Die Krabbenfischerei hat nur einen geringen Einfluss auf die Artgemeinschaften des Meeresbodens. Für die Arten, für die ein Einfluss der Fischerei nachgewiesen werden konnte, wurden kurze Erholungszeiten von maximal 20 Tagen festgestellt. Die Unterschiede zwischen einem Gebiet im dänischen Wattenmeer, in dem seit 40 Jahren nicht mehr gefischt wird, und den befischten deutschen Wattengebieten, seien gering, so das Thünen-Institut für Seefischerei.
Mit den aktuellen Erkenntnissen des Thünen-Instituts werden die bereits 30 Jahre alten Forschungsergebnisse der Ökosystemforschung Wattenmeer bestätigt. Schon damals war in Zusammenhang mit der Errichtung der Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer festgestellt worden, dass die Krabbenfischerei mit der Baumkurre keine nennenswerten schädigenden Einflüsse auf den Meeresboden hat.
Weitere Informationen zu der Gesamtthematik enthält unsere Nachricht vom 21.3.2023.