Unfälle bei Rettungsübungen
Auch ganz ohne Seenot und die damit verbundene Hektik kann beim Üben eines Rettungsfalls einiges schiefgehen. Ein paar Beispiele aus der Praxis:
In einem Fall stolperte ein Besatzungsmitglied am Türsüll und fiel mit dem Oberkörper voran ins Rettungsboot. In einem anderen Fall schätzte ein Windenbediener den Abstand zum Wasser falsch ein. Das Boot krachte so heftig auf die Wasseroberfläche, dass sich ein Insasse am Rücken verletzte. Bei einer weiteren Übung befand sich die Achterleine in der Falllinie des Boots und geriet in Schwingung. Die Besatzung hatte Glück, dass das Boot nicht aus der Flugbahn gelenkt wurde. Last but not least: Ein Rettungsbootführer steuerte nach der Übung mit so viel Tempo zwischen die Heißblöcke, dass der überraschte Kollege sich den Kopf heftig am Block stieß.
Schon die wenigen Beispiele zeigen: Unfallgefahren lauern auch in Situationen, die jeder Seemann in der Ausbildung gelernt und danach schon mehrfach durchgespielt hat. In Situationen, die man routiniert zu beherrschen glaubt und denen deshalb oft nicht die volle Aufmerksamkeit geschenkt wird. Mehr Konzentration und bessere Kommunikation, das würde viele Unfälle vermeiden helfen.
Was für die Rettungsbootübungen gilt, ist auch für alle anderen Situationen an Bord wichtig - gerade jetzt im Winter, gerade bei Kälte und Dunkelheit. Nämlich: auch bei Routinearbeiten aufmerksam bleiben! Zum Beispiel:
Ist der Boden glitschig? Habe ich sicheren Tritt auf der Leiter? Liegen Stolperfallen herum? Besteht die Gefahr, mich in Kopfhöhe zu stoßen? Ist die Schutzkleidung richtig angelegt? Reicht die Beleuchtung oder brauche ich zusätzliches Licht? Und auch: Habe ich mich klar genug abgesprochen mit meinen Kollegen, oder überrumpele ich sie gerade mit irgendwas? Denn selbst wenn man Handgriffe schon hundertmal ausgeführt hat: Irgendwas kann immer sein. Auch die Personen aus den obigen Beispielen waren alles erfahrene Seeleute.