Der Ukraine-Krieg und die Folgen für Seeleute

Der Krieg in der Ukraine hat auch spürbare Auswirkungen auf die Schifffahrt. Im Fokus der Sozialpartner der deutschen Seeschifffahrt steht vor allem die Unterstützung der Seeleute. Gerade für ukrainische und russische Seeleute wird die Heimschaffung immer schwieriger. Besonders wichtig ist derzeit die Kommunikation der Seeleute mit ihren Familien zu Hause. (03.03.2022)

Internationale Seeleute © Kirk WilliamsWelche Auswirkungen in der Praxis hat der Ukraine-Krieg auf die Seeleute auf den Schiffen der deutschen Handelsflotte? Welche Unterstützung ist jetzt am dringendsten? Können russische und ukrainische Seeleute noch friedlich zusammen an Bord arbeiten? Diesen und anderen Fragen widmen sich derzeit der Verband Deutscher Reeder, ver.di, ITF, Seemannsmissionen und weitere maritime Partner mit Hochdruck.

Bereits jetzt ist klar: Der Ukraine-Krieg hat Auswirkungen auf viele Seeleute. Direkt betroffen sind die Besatzungen der Seeschiffe der deutschen Handelsflotte, die sich im Schwarzen Meer befinden und es nicht mehr rechtzeitig aus dem Kriegsgebiet herausgeschafft haben.

Nach Angaben des Verbandes Deutscher Reeder leisten rund 5.000 Seeleute aus Russland und der Ukraine ihren Dienst an Bord von Schiffen deutscher Reeder – häufig gemeinsam als Teil der internationalen Schiffsbesatzungen. Bis jetzt scheint es an Bord noch keine größeren Konflikte zwischen russischen und ukrainischen Seeleuten wegen des Kriegs gegeben zu haben. Dennoch hat die Deutsche Seemannsmission vorsorglich Empfehlungen erarbeitet, wie sich mit entsprechenden Konflikten an Bord umgehen ließe. Die Ratgeber sind in russischer Sprache und in englischer Sprache hier verfügbar. 

Mitarbeitende des Seemannsclubs "Duckdalben" berichten, dass sich mehrere russische Kapitäne solidarisch mit ukrainischen Seeleute gezeigt und ihr Unverständnis über den Krieg in der Ukraine deutlich gemacht hätten. Allerdings gebe es auch ukrainische Seeleute, die ihren Dienst an Bord beenden wollen, um in ihrer Heimat gegen die russischen Truppen zu kämpfen. Andere Seeleute aus der Ukraine hoffen wiederum, länger an Bord bleiben zu können und setzen auf die Verlängerung ihrer Heuerverträge.

Für russische Seeleute wird die Heimreise nach ihrem Dienst an Bord wegen der Sperrung des EU-Luftraums für russische Flugzeuge erheblich schwieriger werden. Offen ist dabei, ob die Schengen-Visa für russische Seeleute über die üblichen 90 Tage hinaus verlängert werden, wenn diese Seeleute nicht so schnell in ihre Heimat zurückkehren können. Auch der Ausschluss mehrerer russischer Banken vom SWIFT-System könnte zukünftig die Heuerzahlung und das Abheben von Bargeld für russische Seeleute erschweren.

Besonders wichtig ist es derzeit, ukrainischen Seeleuten den Kontakt zu ihren Familienangehörigen in der Heimat zu ermöglichen. Die deutschen Reeder setzen dabei vor allem auf eine gute Internetanbindung an Bord, die aber gerade auf See nicht immer realisierbar ist.