Cannabis an Bord

Cannabis-Grenzwert auf deutschen Seeschifffahrtsstraßen

Seit April 2024 ist der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum durch das Cannabis-Gesetz erlaubt. Aber was gilt eigentlich auf See?

Wer mit Seeschiffen auf deutschen Seeschifffahrtsstraßen unterwegs ist, muss sich an einen Cannabis-Grenzwert von 1,0 ng/ml THC (Tetrahydrocannabinol) im Blutserum halten. Das ist derselbe Wert, den die Rechtsprechung bisher auch für den Straßenverkehr angewendet und die "Grenzwertkommission" des Bundesverkehrsministeriums empfohlen hatte. Im Straßenverkehr gilt dagegen der etwas höhere Cannabis-Grenzwert von 3,5 ng/ml THC. Das Bundesverkehrsministerium beabsichtigt, diesen Grenzwert auch auf die Seeschifffahrt zu übertragen.

Körperliche Wirkungen von regelmäßigem Cannabis-Konsum

Selbst wenn zukünftig auch in der Seeschifffahrt ein etwas höherer Cannabis-Grenzwert gelten sollte, ist Cannabis-Konsum und gleichzeitiges Steuern eines Seeschiffs keine gute Idee. Denn die THC-Konzentration im Blut hängt stark von individuellen Faktoren ab: Wie oft und wieviel Cannabis konsumiert man? Wie leistungsfähig ist man im Allgemeinen und wie reagiert der Körper auf den Cannabis-Konsum? Wie weit ist man schon an Cannabis gewöhnt?

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts trägt der Cannabis-Konsument als Verursacher des Risikos "die verbleibende Unsicherheit" der individuell unterschiedlichen THC-Wirkung. Der Schutz der Allgemeinheit stehe über einem individuellen Recht auf Rausch, so das höchste deutsche Gericht. Hinzu kommt: Auch der für den Straßenverkehr geltende Cannabis-Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum ist schnell überschritten, denn er ist mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille vergleichbar. Wer regelmäßig und viel Cannabis raucht, bei dem lässt sich THC noch Tage oder sogar Wochen später nachweisen.

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cannabis-bush-Bild von Oleg Petrjakov auf Pixabay.jpg

Rechtliche Folgen: Bußgeld, Patententzug, Seedienstuntauglichkeit

Cannabis-Konsum hat häufig zur Folge, in seiner Arbeit an Bord eingeschränkt zu sein oder sein Schiff nicht mehr sicher führen zu können. Dann droht ein empfindliches Bußgeld - nicht nur für den Kapitän, sondern auch für andere Besatzungsmitglieder. Nach § 3 Absatz 3 der Seeschifffahrtsstraßenordnung (SeeSchStrO) handelt derjenige ordnungswidrig, der auf deutschen Seeschifffahrtsstraßen ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge "des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel in der sicheren Führung des Fahrzeuges oder in der sicheren Ausübung der Tätigkeiten des Brücken-, Decks- oder Maschinendienstes behindert ist." Das bedeutet: Auch ohne Überschreiten des Cannabis-Grenzwertes droht ein Bußgeld. Die "berauschenden Mittel" sind in der Anlage IV SeeSchStrO aufgelistet, unter anderem Cannabis. Die Anlage IV SeeSchStrO verweist zudem auf die "jeweils aktuellen Empfehlungen der Grenzwertkommission beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr für den Bereich des Straßenverkehrs". Die Grenzwertkommission hatte zuletzt einen Cannabis-Grenzwert von 1,0 ng/ml THC im Blutserum empfohlen.

Wer "unter Einwirkung berauschender Mittel Schiffsdienst versehen hat" und dabei ertappt wird, dem kann das Befähigungszeugnis (Patent) entzogen werden. Das ist in § 7 Absatz 3 der Seeleute-Befähigungsverordnung geregelt.

Regelmäßiger Cannabis-Konsum führt nach der Maritimen-Medizin-Verordnung außerdem zur Seedienstuntauglichkeit. Aus gutem Grund, denn immer wieder Cannabis zu rauchen führt unmittelbar zu Leistungseinbußen in der Wahrnehmung, der Aufmerksamkeit und dem Reaktionsvermögen. Auch können erhebliche Nebenwirkungen auftreten – unter anderem Sedierung, Schläfrigkeit, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen oder Fieber. Es macht einen Unterschied, ob man im privaten Umfeld Cannabis konsumiert - egal, ob legal oder illegal - oder in beruflicher Tätigkeit auf einem Seeschiff, auf dem jederzeit ein Not- oder Rettungsfall eintreten kann, der ein Mindestmaß an Einsatzfähigkeit voraussetzt. Genau deswegen sollte man auch während der Ruhezeiten an Bord nicht kiffen.

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Empfehlung: Kein Cannabis an Bord

Die BG Verkehr empfiehlt ihren Mitgliedsunternehmen, das Mitbringen von Cannabisprodukten an die Arbeitsstätte und das Konsumieren während der Arbeitszeit und der Pausen komplett zu untersagen. Die Berufsgenossenschaft begründet dies unter anderem mit der dann wirksameren Verhütung von Arbeitsunfällen für alle Mitarbeitenden.

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